Antrag auf Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen gegen Zackenschötchen

Wählergruppe Pro Saulheim, Heinz-Willi Dechent

 

 

Saulheim, den 03.05.10

 

 

 Antrag auf Durchführung von

Bekämpfungsmaßnahmen gegen Zackenschötchen

 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

 

Anbei übersenden wir einen Bericht der Gesellschaft Mensch und Natur Rheinland-Pfalz e.V. Hier wird deutlich, dass wir dringend etwas tun müssen, wenn wir all unsere Grünflächen nicht dem totalen ökologischen „Absturz“ preisgeben wollen. Im Bereich Mühlbachaue und dem Sportplatzgelände und leider auch in dem gerade neu errichteten Bereich der Renaturierung am Pfeiler Graben scheint es unseres Erachtens schon zu spät für eine Erfolgreiche Frühbehandlung. Wir sollten aber durch frühzeitige Mahd wenigstens verhindern, dass in unserer Gemarkung jährlich Milliarden von Samen produziert werden, die dann über Wasser Auto- und Traktorreifen sowie über Landwirtschaftliche Geräte überall hin verteilt werden.

 

Ganz wichtig wäre es, die Landwirte zu unterrichten und öffentlich aufzufordern sich im eigenen Interesse einer freiwilligen langjährigen Aktion anzuschließen und durch entsprechende Maßnahmen im Rahmen der Pflanzenschutzmaßnahmen der Verbreitung der Zackenschötchen entgegenzuwirken.

 

Auch unsere Gemeindearbeiter sollten die Pflegemaßnahmen unserer Grünflächen so abstimmen, dass eine sich abzeichnende rasende Verbreitung gestoppt wird.

 

Ihre vornehmliche Aufgabe sollte es sein, die Verbandsgemeinde und die Straßenbaumeistereien so zu beeinflussen, dass auch die Ihren Pflege-Fahrplan an den Gewässern und Straßen entsprechend einrichten.

 

Wir von der Wählergruppe Pro Saulheim haben auf eigenen Flächen erfolgreiche Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt und sind gerne bereit unsere Erfahrungen einzubringen.

 

Mit freundlichem Gruß

Heinz-Willi Dechent

 

Anlage: Veröffentlichung GMN e.V.

 

 

 

Orientalisches Zackenschötchen – Ein Neophyt erobert Rheinhessen

 

Der Mensch schleppt immer wieder fremde Pflanzen in Ökosysteme ein. Einige dieser sogenannten Neophyten verdrängen die ursprünglichen Arten und verändern somit ganze Landschaften. Ein Beispiel für eine besonders „agressive“ Pflanze ist die Herkulesstaude Heracleum mantegazzianum. Bereits seit gut einem Jahrzehnt wird aufgrund unserer Bemühungen die Herkulesstaude in Rheinhessen bekämpft. An Standorten wo diese Bekämpfung konsequent durchgeführt wird, sind die Stauden inzwischen komplett vernichtet oder zumindest deutlich zurückgegangen.

 

Orientalisches Zackenschötchen - Einwandern in Grünland und Getreidefelder

 

Seit einigen Jahren fällt im Monat Mai die Farbe Gelb in Rheinhessen verstärkt ins Auge. Dies liegt nicht am Rapsanbau, sondern an der explosionsartigen Ausbreitung des orientalischen Zackenschötchens Bunias orientalis. Es handelt sich um eine Pflanze, die ohne nähere Betrachtung dem einheimischen Ackersenf oder Raps sehr ähnlich sieht, vor allem, da sie ungefähr zur gleichen Zeit und ebenso gelb blüht.

Wer näher hinschaut erkennt aber die Unterschiede, die auch der Art den Namen gibt: die Früchte, ca. 5 mm große Schoten, mit einem kleinen gebogenen Zacken. Sie vermehrt sich sowohl durch Samen als auch durch Wurzelausläufer. Ein weiterer Verbreitungsweg ist der Transport von Wurzelstücken in verunreinigter Erde und Wiesenschnitt.

Welche Standorte sind gefährdet?

 

Vor allem sogenannte „mittlere Standorte“, wie Wiesen, Ackerbrachen, Streuobstbestände, Trockenrasen aber auch Hochwasserdämme und oft maschinell bearbeitete Böden wie Äcker und Straßenränder sind anfällig für das Zackenschötchen. Auch in Weinbergen tritt es ebenfalls als lästiges „Unkraut“ auf.

 

Ausbreitungswege entlang von Straßen

 

Welche Auswirkungen sind zu befürchten?

 

Wasserwirtschaft

Besonders kritisch ist das Auftreten des Zackenschötchens im Bereich der Wasserwirtschaft bei Böschungen, die durch Ufererosion gefährdet sind. Da das Zackenschötchen im Winter komplett oberirdisch abstirbt weisen die betroffen Bereiche keinen flächendeckenden ganzjährigen Bewuchs mehr auf. Auch ist die Wurzel im Vergleich zur Pflanze nur relativ klein und nicht feinwurzelig, wie z.B. bei Gräsern. An der unteren Nahe hat das orientalische Zackenschötchen bereits ganze Hochwasserschutzdämme überwuchert. Eine schützende Grasnarbe mit den entsprechenden Schutzfunktionen ist nicht mehr vorhanden. Bei Hochwasser besteht eine erhöhte Gefahr von Freispülungen oder Erosion bis hin zum möglichen Dammbruch.

Landwirtschaft

Für die Landwirtschaft besteht die große Gefahr für Grünland oder andere begrünte Flächen. Das Zackenschötchen wandert hier von den Rändern ein und entwertet das Grünland vollständig innerhalb kürzester Zeit. Die Pflanze besitzt einen bitteren Geschmack und wird, wenn überhaupt, erst als letztes von Weidetieren verbissen. Die Pflanze wird durch die Beweidung nur unwesentlich geschwächt. Sie erholt sich innerhalb von ca. 14 Tagen wieder und treibt neue Blüten. Trotz Mahd oder Beweidung entwickelt sich somit auf den betroffenen Flächen keine geschlossene Grasnarbe mehr. Ob sich beweidete oder für Heu genutzte Zackenschötchenreinbestände negativ auf die Tiergesundheit auswirken ist bisher unklar. Da sie allerdings keine hochwertige Futterpflanze darstellt, sind erhebliche Ertragseinbusen bereits innerhalb von 1-3 Jahren, bis hin zur kompletten Flächenumwandlung zu verzeichnen. Außerdem besteht die Gefahr einer einseitigen Ernährung der Nutztiere.

Durch den frühen Blüh- und Aussamungszeitpunkt breitet sie sich besonders stark auf

extensiv genutzten Flächen aus. Besonders betroffen sind Flächen aus dem Förderprogramm Umweltschonender Landbau (FUL). Eine Grünlandnutzung auf diesen Flächen ist teilweise nicht mehr durchführbar. Nach Beendigung des Programms muss die Fläche erst umgebrochen, mit Totalherbiziden behandelt und wieder neu eingesät werden. Dies steht im krassen Gegensatz zu den eigentlichen Zielen des Förderprogramms.

Auch auf Äckern kann die Ausbreitung des Zackenschötchens zu einem Ertragsverlust führen. Auch ist mit einem erhöhten Einsatz von Herbiziden zu rechnen.

 

Straßen

Durch die rasche Ausbreitungsgeschwindigkeit breitet sie sich von einem Einzelvorkommen innerhalb kurzer Zeit kilometerweit aus und besiedelt diese Straßenbereiche vollständig. Infolge eines späten Mahdzeitpunkts werden die Samen verschleppt und somit die Ausbreitung massiv gefördert. Da sie innerhalb weniger Monate ihre Ausgangsgröße von ca. 1,2 m erreicht, verdeckt sie die Einsicht bei Ein- und Ausfahrten und auf entsprechende Warnschilder und -barken. Da sie mehrfach nach der Mahd treibt ist ein entsprechend höherer Pflegeaufwand zur Gefahrenreduzierung notwendig.

 

Naturschutz

Aufgrund ihrer Dominanz, die bis zur Vernichtung anderer Pflanzengesellschaften führt, ihrer hohen Ausbreitungsgeschwindgkeit und der nichtvorhandenen natürlichen Fraßfeinde (Blätter werden weder von Wild, noch von Insekten, noch von Schnecken gefressen) stellt das Zackenschötchen derzeit die größte von Neophyten ausgehende Gefahr dar. In Zusammenwirkung mit der Futterentwertung bei der Grünlandbewirtschaftung stellt sie sämtliche Extensivierungsprogramme und die landespflegerische Flächenpflege in Frage, die eine „Pflege durch Nutzung“ beeinhaltet. Sie vernichtet nicht nur die Brachen oder Ruderalfluren, sondern wandert auch aktiv in Grünland, Halbtrockenrasen, Böschungen usw. ein.

Neben der flächenhaften Ausbreitung und der damit verbundenen Vernichtung von schützenswerter Vegetation zerstört sie durch ihre linienhaften Ausbreitung entlang von Gewässern, Straßen, Bahnböschungen u.ä. sämtliche Wanderlinen, die derzeit als „vernetzte Biotopsysteme“ zwar nicht optimal, aber immerhin für niedere Tiere als Ausbreitungsweg dienen können. Nach derzeitigen Erkenntnissen steht das Zackenschötchen nicht als Fraßpflanze zur Verfügung. Auch „kommune“ Pflanzenfresser müssen auf andere Flächen auswandern oder finden überhaupt kein Nahrungsangebot mehr. Die Unterschutzstellung und die Biodiversität von schützenswerten Gebieten wird in Frage gestellt. Pflegemaßnahmen sind nur mit einem erheblichen Aufwand durchführbar und beinhalten das Vernichten der übrigen vorhandenen Vegetation um lediglich eine weitere Ausbreitung des Zackenschötchens zu verhindern.

 

Massenbestände nach Ausbreitung von Straßen

 

Was muss getan werden?

Aufgrund der hohen Ausbreitungsgeschwindgkeit und der Vernichtung der Lebensräume durch das Zackenschötchen müssen zum Erhalt der einheimischen Flora- und Fauna, zur Sicherung der Hochwasserschutzdämme, zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und zum Erhalt der Grünlandflächen und der damit vorhanden wirtschaftlichen Werte folgende Direktmaßnahmen ergriffen werden:

Information sämtlicher Stellen über die Gefährlichkeit und Ausbreitung des Orientalischen Zackenschötchens bis in die „unterste“, d.h. die ausführende Ebene bei Kommunen und Verwaltungen, Landwirten, Tierhaltern, Naturschutzverbänden usw.

Einleitung von direkten Bekämpfungsmaßnahmen im Rahmen der ohnehin durchgeführten Pflegemaßnahmen, aber spätestens Mitte April Start der Mahdtermine. Ein späterer Mahdzeitpunkt vergrößert die Ausbreitungsmöglichkeiten der Pflanze erheblich.

Freigabe von FUL-Flächen u.ä. mit Auflagen befangenen landwirtschaftlichen Nutzflächen zur früheren Mahd- oder Beweidung und in Absprache mit den FUL- Beratern der gezielte Einsatz von Herbiziden.

Freigabe von Herbiziden auf betroffenen Flächen, die z.B. Einkeimblättrige fördern und Zweikeimblättrige vernichten. Der Einsatz muss hierbei durch in die Gefahren und Ausbreitungsvorgänge eingewiesener Personen stattfinden, um den Schaden durch die Herbizide flächenmäßig zu begrenzen und innerhalb weniger Jahre wieder überflüssig zu machen.

Informationsaustausch mit Universitäten oder anderen Bildungseinrichtungen, um Forschungsprojekte/Diplomarbeiten u.ä. durchzuführen, die folgende offenen Punkte behandeln sollten:

- mögliche Fraßfeinde,

- Gefährlichkeit/Mangelernährung für Nutztiere,

- geeignete Bekämpfungsmethoden (mechanische, Herbizide, Verbiß u.a. testen), erste Versuche laufen.

Kontaktaufnahme mit anderen Bundesländern

Kontaktaufnahme mit Personen des Ursprungslands/gebiets

Was passiert, wenn nichts passiert?

 

Wenn keine Bekämpfung oder Anpassung von Pflegemaßnahmen erfolgt, wird das orientalische Zackenschötchen in ca. 5-10 Jahren einen Großteil der Ruderal- und Grünlandstandorte in Rheinhessen und den angrenzenden Gebieten besiedelt haben. Eine wünschenswerte Extensivierung oder Umwandlung von naturfernen in naturnahe Standorte wird erheblich erschwert. Vorhandene Vernetzungslinien, Lebensräume oder Futterpflanzen werden vernichtet und die einheimische Tier- und Pflanzenwelt erheblich negativ beeinflusst.

Die genannten Gefahren lassen sich nur durch ein abgestimmtes Vorgehen aller Beteiligten begrenzen. Wir fordern Sie deshalb auf, gemeinsam mit uns den Kampf gegen die Ausbreitung des orientalischen Zackenschötchens in Rheinhessen aufzunehmen.

Bekämpfungsmaßnahmen

 

Eine mechanische Bekämpfung durch Ausgraben ist besonders im Anfangsstadium der Ausbreitung empfehlenswert, da Einzelpflanzen den Aufwand und die endgültige Beseitigung auf den Einzelflächen rechtfertigen. Hierzu muss die eigentliche Pfahlwurzel ca. 10- 15 cm tief ausgegraben werden.

Ausgegrabene Pflanzen VOR der Blüte können auf der Fläche belassen werden.

Pflanzenteile während der Blüte oder bereits aussamende Pflanzen sind komplett zu beseitigen und entweder auf der Fläche auf einem Holzfeuer bei entsprechender Temperatur und Dauer zu verbrennen oder in den Hausmüll zu entsorgen. (Nicht in die "grüne" Tonne, da ein 100% Absterben der Samen in Kompostwerken nicht gewährleistet ist und somit nur ein weiterer Ausbreitungsherd geschaffen wird.)

Größere Bestände mehrfach (mind. 3x pro Jahr), ab Mitte, Ende Mai im Abstand von 10 Tagen mähen, bevor sich die eigentlichen Blüten (gelb) bilden. Maßnahme solange wiederholen, dass keine Blüten auftreten.

 

Sollten mechanische Bekämpfungsmethoden nicht möglich sein, so empfiehlt sich die Behandlung mit systhemischen Mitteln auf Glyphosatbasis (z.B. Round-up Ultra, Clinic und co) oder, falls noch Unterbewuchs wie Gras vorhanden ist, selektivwirkende Mittel, die alle Zweikeimblättrigen abtöten (z.B. Banvell), den Grasbestand aber erhalten.

 

Derzeit gibt es in Deutschland KEINE Fraßfeinde.